Eine Woche ist es her, dass Stefan Schicker mit seinem Münchner LegalTech Hands-On-Exchange Meetup am 26.03.18 einen Abend zu Legal Design Thinking veranstaltete.

Vor dem Start ins offizielle Thema des Abends konnten wir uns ganz persönlich vergewissern, dass sich auch schon im Kontext der Ausbildung etliches tut: die MLTech, die Munich Legal Tech Student Association stellte sich vor. Bildlich zeigten sie anhand ausgefallener und veralteter IT, woher die Ausbildungsinstitutionen derzeit teilweise kommen: mangelnder Infrastruktur, aber auch mangelnden Ressourcen und Kenntnissen zu dem Thema. Die Studenten dieser Initiative haben die Veränderung selbst in die Hand genommen, sich vernetzt (übrigens über Städte hinaus) und sind gerade dabei, einen Verein zu gründen, der nach dem Motto “Inform. Inspire. Invent.” Studenten informieren und zur Beschäftigung mit Themen der Digitalisierung im Recht animieren soll und auch als Kristallisationspunkt für weitere Entwicklungen gedacht ist. Sehr schön diese aktiven jungen Rechts-Kollegen zu sehen, und etwas von ihrem unglaublichen Antrieb, mehr zu bewegen, zu spüren.

Der Großteil des Abends widmete sich dann einem Großteil der Menschen “da draußen”: Petra Arends-Paltzer wies uns darauf hin, dass wohl 70 % der Bevölkerung keinen Anwalt aufsuchen würden. Damit ist auch die Antwort auf die Frage geben, ob LegalTech und Legal Design ein Hype sind gegeben: der Bedarf ist so groß, dass die Veränderungen und Entwicklungen in nächster Zeit sicherlich nicht abklingen werden.

Genau hier kann Benutzer-Zentrierung und ein Design-Prozess helfen, die passenden Lösungen zu schaffen. Design Thinking stellt die Zielgruppe, also hier die Mandanten und potentiellen Mandanten, in den Mittelpunkt und beginnen den Gedankenprozess mit ihnen. Erkenntnisse aus entsprechenden Gedankengängen führten schon zu bekannten alternativen Legal-Tech-Beratungsangeboten, etwa zu Fluggastrechten (die vorher weder wirtschaftlich abbildbar waren noch ähnlich gut umsetzbar, zumal zur effektiven Fallbearbeitung umfassende Daten erforderlich sind). Legal Design zeigt, dass mit fachübergreifender Arbeit und mit dem Lösen alter Blockaden deutlich bessere Ergebnisse möglich sind. Aus dem Vortrag entstand direkt die Diskussion, etwa zur Frage, ob Legal Design den Zugang zum Recht (access to justice) signifikant verbessern könnte. Letztlich kam dann doch immer mehr Technik ins Gespräch, etwa die Frage, wie weitgehend heute schon juristische Dokumente maschinell analysiert werden können. Das Interesse ist übrigens stetig steigend, so haben sich für dne Zürcher LegalTech Hackathon doppelt so viele Bewerber gemeldet, wie angesichts der 150 Plätze aufgenommen werden konnten. Vor allem gibt es auch immer einfachere und mehr technische Lösungen, die wir einsetzen können. Gerade für kleinere Kanzleien müssen wir hier allerdings noch die Zugriffshürden senken. Hierzu sollten wir vielleicht einen Design Thinking-Prozess starten ;-)

Aus meiner Sicht sollten wir alle (Anwälte vor allem) die Mandaten (oder auch mal, um den Blick etwas nachzujustieren: Kunden) in den Mittelpunkt stellen. Viele Verbesserungen sind schon mit kleinen Mitteln, teils ganz ohne Technik möglich. Wichtig ist vor allem, sich wirklich in den Kunden herein zu versetzen, das wirkliche Problem des Mandanten zu verstehen und erst danach Ideen zu entwickeln, die dann möglichst einfach und früh (prototypisch) umgesetzt und getestet werden. Dies ist übrigens der klassische Design Thinking Prozess (Einstieg ist links mit “In Zielperson versetzen, einfühlen”, die Reihenfolge hier entgegen dem Uhrzeigersinn):

Der Design Thinking Prozess: (1) sich in Kunden versetzen, (2) Problem genau verstehen, (3) IDeen generieren, (4) Prototypen entwickeln, (5) Testen, dann das Ganze zur Verbesserung immer wiederholen. Bei Bedarf zwischendrin einen Schritt zurück gehen.

Am Rande: Legal Design und Legal Tech helfen nicht vor technischen Missgeschicken: die Präsentationsdatei auf dem angeschlossenen Computer war die falsche – wer allerdings dynamische, iterative Prozesse wie das Design Thinking gewohnt ist, kann damit auch umgehen. So war der Vortrag trotzdem kurzweilig und wir hatten einen spannenden Abend.

Literaturhinweise: in dieser neuen Disziplin gibt es naturgemäß noch nicht so übermäßig viel zu lesen, wie wir Juristen es für andere, in unserem Feld etabliertere, Themen gewohnt sind. Das meiste findet im weltweiten Netz statt, bis zu einem gewissen Grad auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Gute erste Anlaufpunkte sind etwa:

Die Präsentationen sind übrigens bei Facebook weiterhin online.